Die Fahrradtour: Tag 6 – 15.04.2009

Über hundert Kilometer hatte diese Etappe und war damit bis jetzt die längste. Auf der Luftlinie beträgt die Entfernung dabei allerdings gerade mal die Hälfte – die Fulda und die Weser machen viele Schleifen.

Die Nacht im Formule 1 war schrecklich. Mein Fenster ging nicht zur Autobahn heraus, sondern auf den Parkplatz. Da aber bei diesem „Hotel“ offenbar auch die ganze Nacht hindurch Leute an- und abreisen, war das nicht unbedingt ein Vorteil. Irgendwann habe ich das Fenster komplett geschlossen und verdunkelt. Wie im Bunker …

Der geneigte Leser wird möglicherweise noch kein Formule 1 besucht haben. Damit sich das auch nicht ändert, erkläre ich kurz das Prinzip: Es ist ein fast automatisches Hotel. Man kann jederzeit an- und abreisen – wenn die Rezeption nicht besetzt ist, steckt man seine Kreditkarte in den Checkin-Automaten. Man bekommt auch keinen Zimmerschlüssel oder Chipkarte, sondern eine Codenummer für das Codeschloss an der Zimmertür.

Die winzigen Zimmer sind mit einem etwas breiteren Bett und darüber einer Liege (für Kinder?) ausgestattet und verfügen über ein kleines Waschbecken, den obligatorischen Fernseher und einen Radiowecker. Nein, keine eigene Dusche und kein eigenes WC. Dafür hat sich der Mutterkonzern Accor etwas ganz besonderes ausgedacht. Auf jeder Etage stehen WCs und Duschen zur Verfügung; diese bestehen aus einer winzigen geschlossenen Plastikkabine. Nach jeder Benutzung wird darin eine Selbstreinigung ausgelöst.

Das ganze ist absolut fies, und bevor ich meinen Hintern auf so ein „selbstgereinigtes“ Stück Plastik setze, muss der (Leidens-)Druck dann doch noch größer werden. Auch die Dusche spare ich mir ein. Normalerweise brauche ich die zum Aufwachen, aber ein Mindestmaß an Spaß soll es eben auch machen. Es bleibt also das Waschbecken. Das Frühstück würdige ich keines Blickes und starte direkt durch in Richtung Norden.

Unterwegs mache ich allerdings noch Station bei einem Fahrradhändler und decke mich mit einem neuen Reserveschlauch ein. Sicher ist sicher.

Der Weg verläuft wieder wunderschön durch grüne Felder und kleine Dörfer, meistens am Wasser entlang und in der Regel eben. Doch irgendwie komme ich heute nicht so recht vorwärts. Zuerst schiebe ich es auf den heute spürbar wehenden Wind, dann auch das ausgelassene Frühstück und schließlich denke ich sogar schon, dass meine Kräfte jetzt endgültig erschöpft sind und ich die Radtour beenden sollte. Des Rätsels Lösung ist aber eine andere, wie ich in Hann. Münden feststelle. Bei der Reifenreparatur gestern habe ich wohl eine der Muttern am Hinterrad nicht fest genug angezogen – es hat sich gelockert und sitzt inzwischen so schief, dass es ständig gebremst wird. Als ich den Fehler einmal behoben habe, komme ich deutlich schneller und vor allem kräfteschonender vorwärts.

In einem Supermarkt kaufe ich mir eine große Portion Käse, frische Brötchen und eine dicke Tomate. Mit Blick auf die Weser mampfe ich Brötchen und stelle fest, dass meine Flasche Tabasco schon halb leer ist.

Bei Würgassen merke ich, dass ich es bis heute abend wirklich noch bis Höxter schaffen werde. Telefonisch reserviere ich ein Zimmer in einer Privatpension – kein Problem. Ich lerne daraus, dass ich in Zukunft nur noch in den kleineren Städten übernachten werde. Es ist erheblich leichter, eine preiswerte Unterkunft zu bekommen. Außerdem ist diese dann in der Regel erheblich näher am Zentrum. Der Nachteil ist freilich, dass ich in der Regel nur eine langsame Internetverbindung nutzen kann, da O2 bisher nur in Ballungsgebieten UMTS ausgebaut hat.

Und so bin ich heute in Höxter gelandet – mal wieder deutlich weiter, als ich erwartet habe. Meine geschätzten Leser dürfen sich morgen überraschen lassen, welchen Weg ich von hier aus einschlage.


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